„Zeit nehmen, um sich die Dinge im Alltag genauer anzusehen“, darum geht es Manfred Theisen, Jugendbuchautor aus Köln bei seinen Schreibwerkstätten. „Wer nicht auf der Oberfläche bleibt, sondern genau hinsieht und beschreibt, was er sieht, kann kreativ sein.“, meint er. An zwei Vormittagen hat er in vierstündigen Unterrichtsblöcken die Schüler der beiden Achterklassen der Anton Hansen-Schule Ottweiler zum Nachdenken und zum Schreiben gebracht. „Unsere Texte wurden so angenommen, wie wir sie geschrieben haben.“, fand Shaylea gut. „Und es hat uns mal keiner ständig verbessert wie im Deutschunterricht.“ Das wäre in Manfred Theisens Augen auch ganz kontraproduktiv. „Jeder kann kreative Texte verfassen, viele sind nur zu faul um sich auszudrücken und um sich Sprache zu erarbeiten.“, glaubt er.
Darum zeigte er den Schülern unter anderem eine Kuss-Szene aus dem Vampir-Film „Twilight“ und ließ sie ihre Assoziationen dazu notieren. Dazu gab es sachliche Fakten über das Küssen, wie zum Beispiel, dass man bei drei Minuten Küssen zwölf Kalorien verbraucht oder dass dabei Adrenalin freigesetzt wird und der Blutdruck steigt. Hieraus sind dann Texte entstanden – ohne Reim, aber mit einer Menge von unbewusst eingesetzten sprachlichen Bildern, die schließlich noch von den Nachwuchsautoren selbst eingesprochen wurden.
Einen weiteren Schwerpunkt bildete das Thema Flüchtlinge. Die Schüler der Achterklassen haben selbst zwei Mitschüler, die aus ihrer Heimat fliehen mussten. Darum schrieb jeder erst einmal für sich Gedanken zu dem Begriff Heimat auf – für jeden etwas ganz Anderes. Dann erzählte Ramazan seine Geschichte, wie er den Weg von Afghanistan schließlich zu uns nach Deutschland fand. „Das war total spannend und bewegend, was er erlebt hat.“, fanden Lara-Marie und Vanessa. „Wir haben uns nie getraut, ihn zu fragen und von sich aus hat er vorher nichts erzählt.“, sagten sie. Auch Manfred Theisen war beeindruckt. „Ramazans Geschichte hat mir weitere Inspirationen für den Roman gegeben, an dem ich gerade schreibe. Darin geht es um Kinder, die sich im Rumpf eines Schiffes auf den Weg aus ihrer Heimat machen.“, berichtet er. Zusammen mit nüchternen Statistiken, die die Schüler an die Hand bekamen, entstand schließlich eine einfühlsame Collage aus unterschiedlichen Formulierungen der Schüler.
Nicht nur sie waren am Ende der Schreibwerkstatt stolz auf sich, auch ihre Deutschlehrerinnen und Theisen selber. „Ich bin total zufrieden mit dem Ergebnis. Das war eine beachtliche Leistung, die eine derart große Gruppe in so kurzer Zeit vollbracht hat.“, freut er sich.