„Was würdest du tun, wenn du nächstes Jahr regieren könntest?“ Eine schwierige Frage, mit der sich die Zehntklässler der Anton Hansen-Schule konfrontiert sahen und auf die ihnen spontan gar keine Antwort einfiel. „Ein sauteures Auto kaufen“, meinte Vladimir später, unsicher, ob er das überhaupt hätte sagen sollen. Schließlich war diese Frage von einem ihm Fremden gestellt worden – Gerrit Bernstein, Schauspieler am Theater „Überzwerg“. Er war zusammen mit seinem Kollegen Reinhold Rolser Gast an der Schule. Die beiden bescherten den Schülern eine besondere Begegnung mit politischer Lyrik. Da dies saarlandweit in diesem Schuljahr verbindliches Prüfungsthema ist und Schüler erfahrungsgemäß einen ohnehin schon eher schwierigen Zugang zu Gedichten haben, organisiert die Schule in Zusammenarbeit mit dem Friedrich Bödecker-Kreis jährlich ein sogenanntes „Erlebnis Lyrik“. 33 Gedichte zu Themen wie Krieg, Tod, Demokratie trugen die beiden Schauspieler auf eine lebendige und anschauliche Art vor, inszeniert als Verhör mit nur zwei Schreibtischlampen auf einem Tisch in einem abgedunkelten Raum. „Durch die dunkle Atmosphäre hab ich selbst mitempfunden und darüber nachgedacht, wie gut es uns hier in Deutschland eigentlich geht.“, sagt Loreta, Schülerin der Klasse 10 im Anschluss. Auch Johanna fühlte sich direkt angesprochen: „Als ich den Stapel Texte sah, dachte ich zuerst, wie viel kommt da jetzt auf uns zu. Aber dann habe ich mich doch sehr viel mehr auf den Inhalt der Gedichte konzentriert als auf die Menge“, gibt sie zu. Dass die Schüler dabei aktiv miteinbezogen wurden und zum Beispiel im Chor sich wiederholende Zeilen mitsprechen sollten, kam auch bei vielen gut an. „Man kann mit Gedichten mehr machen als sie nur zu analysieren“, fasst Zoé das Erlebte zusammen.
Auch Rolser und Bernstein waren zunächst skeptisch, als sie hörten, dass sie in diesem Jahr ausgerechnet politische Lyrik den Schülern näherbringen sollten, waren es doch im vergangenen Jahr noch Liebesgedichte. „Das Gefühl, das die Gedichte zum Ausdruck bringen, bleibt aber doch über die Jahre gleich. So wie die Liebe uns durch alle Zeiten begleitet, ist auch die Todesangst, die Menschen heute empfinden, wenn sie von Krieg bedroht sind, immer noch die selbe wie vor Jahrzehnten“, glaubt Rolser.