Tag der Berufe – Acht- und Neuntklässler der AHS gehen auf direkte Tuchfühlung mit Ausbildungsbetrieben

Lieber auf Verbrecherjagd gehen oder in einer Sterneküche Amuse gueule kreieren? Antworten auf diese spannende Frage fanden die Acht- und Neuntklässler der Anton-Hansen-Schule beim „Tag der Berufe“. Dieser findet alle zwei Jahre an der Ottweiler Gemeinschaftsschule statt und ist ein fester Bestandteil der AHS, die als Berufswahlsiegel-Schule einen besonderen Wert auf die Berufsorientierung legt. Organisiert wird die Veranstaltung von ALWIS (ArbeitsLeben, WIrtschaft, Schule), der seit 2003 die Verzahnung zwischen Schule und Wirtschaft stärkt, sowie dem vierköpfigen Berufsorientierungs-Team der AHS. Insgesamt acht Ausbildungsbetriebe aus der Region konnte ALWIS gewinnen – eine gute Sache für die baldigen Abschlussklassen, denn auch in Zeiten von Corona stellt sich vor allem für die Schulabgänger die Frage: Wie geht es nach der Schule weiter?

Im Vorfeld wurden die Wünsche der Schüler*innen eruiert, um sie anschließend ihren Neigungen entsprechend einzuteilen. In zwei zweistündigen Blöcken geben die Sparkasse Neunkirchen, dm Drogeriemarkt, die Marienhaus Unternehmensgruppe sowie die am Bostalsee situierte „Seezeitlodge Hotel & Spa“ Einblicke aus erster Hand in die jeweiligen Ausbildungsmöglichkeiten.

„Hat jetzt schon jemand Lust, zu uns zu kommen?“, fragt Ausbilderin Jule Horsch von der Seezeitlodge forsch in die Runde. Vornehme Zurückhaltung seitens der Schüler*innen. Der gut produzierte Imagefilm hat Eindruck gemacht. „Ich hätte Lust!“, bricht Deutsch- und GW-Lehrer Marco Kolling das Schweigen und erntet allseitiges Lachen. Die Seezeitlodge, ein Familienunternehmen – und „gerade einmal eine halbe Stunde von Ottweiler entfernt“, wie Horsch betont – gibt es erst seit 2017. „Wir sind sehr luxuriös, haben ein Vier-Sterne-Wellnesshotel und wir sind sehr jung“, betont Horsch, bevor sie anhand ihrer Präsentation zusammen mit ihrer Kollegin, der Auszubildenden Annalena Meyer, die Ausbildungsberufe (Hotelfach, Restaurantfach, Köche, Hauswirtschaft) erläutert. Danach wird’s praktisch. Annalena Meyer unterweist die Teilnehmenden in der Kunst des Serviettenfaltens und beweist darin großes Geschick, was sie tatsächlich zu einem „Nachwuchstalent“ macht, wie es auf ihrem schicken Sakko zu lesen ist. „Alle Azubis heißen bei uns Nachwuchstalente“, erläutert die Siebzehnjährige lächelnd. Unterdessen instruiert ihre Vorgesetzte Horsch die Schüler*innen in der Warenkunde. Auf dem Tisch sind allerhand feine Gewürze und Speisen drapiert, die es zu bestimmen gilt. Einigen geben sie Rätsel auf. Mehr Rätsel als die ihnen wohl bekanntere Fertigkeit der Maniküre, die am Nachbartisch eingeübt wird. Zum Abschluss verwöhnen die jungen Damen die Gruppe mit einem süßen Gruß aus der Küche.

Auch in der dm-Gruppe geht es um Wellness. Diana Dimitrijević, Leiterin der Saarbrücker dm-Filiale in der Bahnhofstraße, stellt zunächst zusammen mit ihrer Mitarbeiterin Iris Beimani die Firma und den legendären Firmengründer Götz Werner, der sich sozial engagierte, vor. „Ich kann hier für jedes Unternehmen sprechen. Fehltage und Blaumachen kommen nicht gut an“, bläut sie den Versammelten ein und stellt weiter klar: „Ihr braucht für die Drogisten-Ausbildung einen Mittleren Bildungsabschluss oder einen sehr sehr guten Hauptschulabschluss.“ Nachdem geklärt ist, dass es auch Männer gibt, die sich schminken und manche der anwesenden Schülerinnen sich freimütig bei Mama bedienen, ohne zu wissen, was sie da eigentlich benutzen, stellen die Schüler*innen in Gruppen eigens mit Hausmitteln Masken für verschiedene Hauttypen her. „Ein Praktikum kann man jederzeit bei uns machen, meldet euch“, verabschieden sich die beiden dm-Mitarbeiterinnen.

In der Pause haben die Schüler*innen Zeit zum Verschnaufen und zum Austausch. Ein Ausbildungsplatz bei der Sparkasse zu ergattern, erscheint schwer, ein duales Studium fast schon illusorisch, so der Tenor. Hingegen sind die Chancen im sozialen Bereich vergleichsweise gut, zum Beispiel in der Pflegeassistenz, wie Gerd H. Beyer von der Marienhaus Unternehmensgruppe betont. Auch seine Kollegin Natascha Schirra vom Schwesternverband macht den Schüler*innen Mut für eine Bewerbung mit einem HSA. Gleichzeitig räumt sie mit einem populären Vorurteil auf. Nämlich, dass Angestellte im Pflegebereich schlechter verdienen als andere Berufsgruppen. „Pflegen ist zwar ein harter Job, der viel abverlangt und der noch besser bezahlt werden sollte, aber wer ihn macht, bekommt sehr viel Herzlichkeit zurück. Das ist ganz besonders“, betont Schirra. Jasmine (14), Justin (14) und Colin (15) haben sich bereits für den sozialen Bereich entschieden, weil sie nach dem HSA mit Menschen arbeiten möchten.

Auch Jason (15) hat seine Jobwahl getroffen: „Ich war mir schon als Kind sicher, dass ich Polizist werde. Es ist ja so ein Traum von jedem kleinen Jungen, Verbrechen aufzuklären“, erläutert er, während Einstellungsberater Elmar Schleder von der Bundespolizei seinen Gruppen eine Lektion in Sachen Staatskunde, Zuständigkeiten von Landes- und Bundespolizei erteilt. „Bei uns kann man mit dem MBA in den mittleren Dienst einsteigen und dann relativ einfach in den gehobenen Dienst wechseln. So habe ich das auch gemacht“, erklärt Schleder.

Auch Gebietsrecruiterin Eileen Leichner (29) von Deichmann hat in ihrem Unternehmen Karriere gemacht. Nach ihrer Ausbildung zur Kauffrau im Einzelhandel, leitete sie zunächst die Deichmann-Filiale in Lebach – heute ist sie für Deichmann als Referentin im Südwesten unterwegs und für die Bewerbungsprozesse zuständig. Leichner zeigt, wie professioneller Kundenkontakt funktioniert.

Eine kleine Überraschung hat die gelernte Industriekauffrau Carmen Hähn (41) auf Lager: „Wir haben heute ein paar talentierte Frauen ausgemacht. Die Mädels sind in der Montage sehr geschickt“, erläutert die Fissler-Angestellte. Gerade einmal zwanzig Minuten von Ottweiler entfernt produziert Fissler in Hoppstäden-Weiersbach – wie allgemein bekannt – Pfannen, (Schnellkoch-)Töpfe, Bräter und Woks. „Das ist eine Besonderheit von Fissler. Wir produzieren in Deutschland und haben unseren größten Absatzmarkt in Asien“, erklärt Hähn stolz, während „die Mädels“ eine sogenannte Schieberführung demontieren und wieder zusammensetzen. Eine andere Gruppe vergleicht währenddessen mit Taschenrechnern ausgestattet echte Angebote. Mit zum anwesenden Fissler-Team gehört auch Felix Bill. Der siebzehnjährige Saarländer ist angehender Industriemechaniker und hat das von ihm mit konventionellen Maschinen angefertigte Handhabungsgerät mitgebacht. Das tägliche Pendeln mit dem Zug macht ihm nichts aus. „Die Arbeit ist spannend. Beim Vorstellungsgespräch ist das Auftreten sehr wichtig“, verrät er.

„Ich finde es gut, dass die Unternehmen so viele praktische Übungen anbieten – angepasst an die Schüler*innen und die Praxis“, resümiert Lisa Schuler am Ende eines gelungenen Tages.

Zusammen mit ihrer Kollegin Ina Schindler ist sie an der Schule für die Berufsorientierung zuständig. Schindler ergänzt: „Die Firmen überlegen, wie die praktische Arbeit aussehen kann und gehen dabei auf die Schüler*innen ein. Heute hat sich herauskristallisiert, dass Schüler*innen, die sich im Unterricht sehr zurückhalten, in der praktischen Arbeit sehr aktiv geworden sind. Sie waren in der Lage ihren Mitschüler*innen zu zeigen, wie es funktioniert.“

Text: David Lemm/Katja Strauß