Mit gemischten Gefühlen saßen die 24 Zehntklässler der Anton Hansen-Gemeinschaftsschule in einem Halbkreis vor einem Tisch mit zwei Stühlen, auf dem Tisch ein Pappkarton mit der Aufschrift „Kästner“. „Das wird wahrscheinlich eine langweilige Präsentation“, antwortet Lana im Anschluss an das „Erlebnis Lyrik“ auf die Frage, was sie von diesem Projekt erwartet hatte. „Es war kein bisschen langweilig, eher impulsiv und der schnelle Wechsel zwischen den Texten hat mir gut gefallen“, gibt auch Jason nachher zu. Reinhold Rolser und Gerrit Bernstein, Schauspieler am Theater „Überzwerg“, hatten einen beachtlichen Kanon an Gedichten von Erich Kästner zusammengestellt und für die Schüler diese eindrucksvolle Begegnung mit Lyrik zu einem unvergesslichen Erlebnis werden lassen. In Zusammenarbeit mit dem Friedrich Bödecker-Kreis bieten sie Schulen an, die Gedichte, die saarlandweit in diesem Schuljahr verbindliches Prüfungsthema sind, lebendig vorzutragen und Zehntklässlern dadurch einen besonderen Zugang zu einem normalerweise schwer zugänglichen Thema zu ermöglichen.
„Wir freuen uns sehr, dass Kästner ausgewählt wurde“, erklärt Rolser. „Wir konnten uns gar nicht so recht entscheiden, welche Texte wir auswählen sollten und haben uns deshalb entschieden, die Qual der Wahl den Schülern zu überlassen,“ ergänzt Bernstein. Darum drücken sie dem jungen Publikum erst einmal Karteikarten mit Epigrammen des Dichters in die Hand und fragen dann, wer seines einmal vorlesen will. Daraus ergibt sich ein bestimmtes Thema, zum Beispiel „Zeit“, zu dem dann eine Reihe von Gedichten vorgetragen wird. Lebendig, in rasantem Tempo, mal laut, mal im Flüsterton gewinnen die Gedichte Gestalt. Auch aktuelle Formen der Nachrichtenverbreitung wie etwa Twitter werden thematisiert und das gefährliche Halbwissen, das man sich dadurch aneignen kann. „Ich wurde von den Worten der beiden Schauspieler gefesselt und konnte nicht aufhören zuzuhören,“ sagt Sinan und blickt jetzt hoffnungsvoller auf die folgende Unterrichtsreihe zur Kästner-Lyrik. „Ich denke, dass das interessant werden kann,“ meint er. Auch Selina und Mia sind zuversichtlich: „Man konnte merken, dass die zwei, die die Gedichte vorgetragen haben, Spaß daran hatten. Unsere Sichtweise hat sich dadurch auch geändert.“